UNSER KONZEPT FÜR EIN MODERNES RADNETZ​

Linz: Radfahrer müssen sich im 50 km/h Fließverkehr einordnen

Wer in Linz schon mal mit dem Rad unterwegs war weiß: Im Linzer Radnetz ist noch viel Verbesserungspotential vorhanden. Schmale Radwege die plötzlich im Nichts enden, verwirrende Verkehrsführungen, gefährliche Kreuzungen und so weiter.

Dass Linzer:innen gerne mit dem Rad fahren, zeigen nicht zuletzt die Zahlen an der Radzählstelle Nibelungenbrücke. Während im Jahr 2013 noch 477.000 Radfahrer:innen gezählt wurden, waren es 2020 schon über 750.000 gezählte Radfahrer:innen. 

Das ist insbesondere erstaunlich wenn man bedenkt, dass es seit 2013 keine größeren Verbesserungen im Linzer Radnetz gegeben hat. Selbst neu gebaute Radwege entsprechen in Bezug auf Breite und Radwegführung oft nicht den internationalen Standards für Radinfrastruktur.

Es stellt sich die Frage: Warum hat Linz ein so schlechtes Radnetz, wenn es doch auch viele Städte mit sehr guten Radnetzen gibt? Beispiele hierfür sind Oulu, Kopenhagen, Amsterdam oder Salzburg.

Der Unterschied zwischen diesen Städten und Linz ist, dass es in Städten mit gutem Radnetz ein Gesamtkonzept gibt: Einen Plan wie das städtische Radnetz einmal aussehen soll und welcher Stück für Stück umgesetzt wird. Dabei ist jedes Stück Radweg, das neu gebaut wird, ein Stein im Mosaik, aus dem sich am Schluss ein großes Ganzes ergibt. In Linz jedoch werden viele kleine Pseudomaßnahmen umgesetzt, die aber keinem größeren Plan folgen.

Unser Mobilitätsexperte Tobias Watzl nutzt das Rad für alle seine Alltagswege. Egal ob zum Einkaufen, auf dem Weg in die Arbeit oder zum Besuch bei Freunden, für ihn ist das Rad Verkehrsmittel Nummer 1. Deshalb kennt er sich bestens aus mit den Problemen, vor denen Radfahrer:innen in Linz jeden Tag stehen.

Gemeinsam mit ihm haben wir ein Konzept erarbeitet, wie ein Radnetz in Linz aussehen könnte und was zu tun ist, um dieses Konzept zu verwirklichen.

Im Folgenden möchten wir unsere geplanten Maßnahmen präsentieren:

Salzburg: Ein breiter Radweg, der durch einen Grünstreifen vom Autoverkehr getrennt ist.

Im Großen...

Nord-Süd-Radachse
Unser Konzept für ein modernes Radnetz für Linz (zum Vergrößern anklicken)
Das Kernstück des neuen Radnetzes ist die zentrale Nord-Süd-Radachse. Auf ihr kann man gemütlich, sicher und entspannt von Urfahr bis nach Ebelsberg fahren. Urfahr – Innenstadt Durch eine neue Rad- und Fußgängerbrücke, den sogenannten „Missing Link“, können Radfahrer:innen und Fußgänger:innen der vielbefahrenen und gefährlichen Nibelungenbrücke ausweichen und direkt von der Wildbergstraße auf den Radweg an der Unteren Donaulände gelangen. Von dort aus geht es weiter durch die Rechte Donaustraße, entlang am Pfarrplatz, weiter auf der Dametz- und Humboldtstraße. Diese Führung hat den Vorteil, dass man jederzeit in die Landstraße einbiegen kann, aber Radfahrer:innen, welche nur durchfahren wollen, nicht auf dem Kopfsteinpflaster der stark besuchten Landstraße fahren müssen. In der Schubertstraße gibt es zwar bereits einen Radweg, aber dieser bildet eine Insel. Die Anbindung im Süden ist sehr eng und eine direkte Fortsetzung des Radwegs fehlt. Im Norden müssen Radfahrer:innen mehrere Ampeln queren um zur Donaulände zu kommen. Das entspricht nicht unserer Vorstellung eines Radschnellwegs.  Zusätzlich ist der Radweg bereits jetzt zu schmal für die große Zahl an Radfahrer:innen und Fußgänger:innen, die in der Schubertstraße unterwegs sind. Mit der neuen Nord-Süd-Radachse in der Dametzstraße lässt sich der Radweg in der Schubertstraße  als gemischter Rad- und Fußweg gestalten und man gewinnt mehr Platz für alle. Die Nord-Süd-Radachse verläuft dann gerade weiter unter der Eisenbahn durch und auf der Lenaustraße und Makartstraße zum Bulgariplatz. Makartviertel – Wankmüllerhofstraße Der Bulgariplatz selbst wird zu einem Kreisverkehr umgebaut. Rad- und Fußweg bilden einen großen äußeren Kreis, der Autoverkehr fährt im inneren Kreis, die Straßenbahn fährt oberirdisch in der Mitte durch. Kreisverkehre haben sich in den Niederlanden bereits für Radwege bewährt. Radfahrer:innen und auch Autofahrer:innen müssen nicht auf Ampeln warten und weil Autofahrer:innen sich erst voll auf den Radverkehr und dann voll auf den Autoverkehr konzentrieren können wird es auch sicherer. Zusätzlich müssen Autos am Kreisverkehr abbremsen, wodurch dem Raserproblem im Makartviertel entgegengewirkt werden kann. Durch gleichmäßigere Fahrweise können dabei auch Abgasausstoß und Lärmemissionen reduziert werden.
Ein Kreisverkehr in Amsterdam. So könnte der Bulgariplatz in wenigen Jahren auch aussehen. Ein Kreisverkehr in Amsterdam. So könnte der Bulgariplatz in wenigen Jahren auch aussehen. Quelle: Google Maps
Auch entlang der Lenau- und Makartstraße werden die Kreisverkehre ein faires Miteinander von Auto- und Radverkehr ermöglichen. In Salzburg haben sich Kreisverkehre an kleinen Kreuzungen bereits vielfach etabliert. Weiters werden durch die Umgestaltung des Bulgariplatzes neue Grünflächen gewonnen. In der Wankmüllerhofstraße ist zwar bereits ein Radweg vorhanden, dieser ist aber relativ schmal für einen Zweirichtungsradweg. Zusätzlich müssen die gefährlichen Einmündungen sicherer gemacht werden. Das kann zum Beispiel passieren, indem man den Radweg nicht absenkt und durch die entstehende Schwelle zusätzliche Aufmerksamkeit bei Autofahrer:innen erzeugt wird.
Eine Radüberfahrt in Amsterdam. Links gibt es Platz, damit Autos den Radweg nicht blockieren. Quelle: W.-D. Haberland, via Wikimedia Commons Eine Radüberfahrt in Amsterdam. Links gibt es Platz, damit Autos den Radweg nicht blockieren, während sie den Verkehr beobachten. Quelle: W.-D. Haberland, via Wikimedia Commons
An der Kreuzung Kremplstraße/Salzburger Straße muss die Salzburger Straße gequert werden um nach Süden zu kommen. Diese Stelle ist im Moment besonders gefährlich: Parkende Autos verdecken den Autofahrer:innen die Sicht auf den Radweg und Radfahrer:innen müssen sich in 50 km/h Fließverkehr einordnen, um dann die Salzburger Straße zu queren und in die Prechtlerstraße einzubiegen. Für eine vernünftige Radachse muss hier eine sichere Querung entstehen. Linzer Süden Von der neuen Querung führt die Radachse durch Prechtlerstraße, Zeillergang und Gutenbergerstraße bis in die Simonystraße. In der Prechtlerstraße reichen Straßenmarkierungen, um Autofahrer:innen in der 30er Zone darauf hinzuweisen, dass sie mit Radfahrer:innen zu rechnen haben. Die Vorrangsituation entlang der Radachse wird so angepasst, dass Radfahrer:innen immer Vorrang haben. Ab der Simonystraße bis zur Saporoshjestraße wird der Radweg entlang der Wiener Straße so ausgebaut, dass er in beide Richtungen befahrbar ist, ohne dass Radfahrer:innen die Wiener Straße queren müssen. Auf der Traunbrücke und in Ebelsberg werden die vorhandenen Radwege verbreitert. Durch die Nord-Süd-Radachse ergibt sich eine sichere und entspannte Verbindung von Urfahr bis nach Ebelsberg. Doch damit nicht genug. Für ein Radnetz braucht es mehr.

Wir haben in unserer Karte auch eine Reihe von Radschnellwegen eingeplant. Diese dienen als Arterien für das Radnetz und sind nach den entsprechenden Standards gebaut. Das bedeutet: Nach Möglichkeit mindestens 3m breit, gerade, ohne steile Steigungen und gut beschildert.

Die wichtigsten Ausbauprojekte dabei sind:

Urfahr

  • Freistädter Straße: Entlang der gesamten Freistädter Straße von der Wildbergstraße bis zur Autobahnabfahrt Dornach ist ein Radschnellweg zu errichten. 
  • JKU: In der Umgebung der JKU gibt es bereits einige Radwege, diese sind zu adaptieren und die Kreuzungen sind so anzupassen, dass sie für Radfahrer:innen sicher zu passieren sind.

Linz Mitte – Ost-West-Verbindungen

  • Donaulände: Radweganbindung an die Nibelungenbrücke, Grüne Welle für Radfahrer:innen
  • Kärntnerstraße – Industriezeile: Errichtung eines durchgehenden Radwegs und damit Schaffung einer zentralen Ost-West-Verbindung
  • Unionstraße – Bulgariplatz: Eine weitere wichtige Route für Pendler:innen aus Leonding
  • Wankmüllerhofstraße – Steyregg: Der Radweg existiert bereits, es gibt jedoch noch viel Verbesserungspotential.
 
Linz Mitte – Nord-Süd-Verbindungen

  • Waldeggstraße: Die Waldeggstraße ist für Radfahrer:innen sehr gefährlich, aber gerade für jene die aus Leonding kommen ist sie die beste Möglichkeit, um in die Stadt zu gelangen
  • Bulgariplatz – VOEST-Brücke: Hier gibt es bereits einen kleinen Radweg. Die Fahrbahn ist jedoch schlecht, der Radweg ist unbeleuchtet und im Sommer oft verwachsen. Teilweise gibt es noch Radweglücken auf dieser Strecke.
 

Linzer Süden

  • Salzburger Straße: Hier fehlt das Stück zwischen Wasserwald und Wiener Straße und ein ordentlicher Radweg zwischen Landwiedstraße und Stadtgrenze.
  • Dauphinestraße: Der Radweg hört im Kleinmünchner Ortskern plötzlich auf und an der meistbefahrenen Stelle muss man im Fließverkehr fahren. Weiters sind die Kreuzungen entlang der Dauphinestraße sehr gefährlich und entsprechen nicht Radschnellwegstandards [5][6].
 

Zusätzlich dazu haben wir uns noch gefragt ,wie viel denn ein Radweg von Süden nach Norden entlang der Donau bringen würde.

Insbesondere für die Menschen in der solarCity und in Pichling bedeutet dieser Radweg eine direkte Anbindung ans Zentrum, sowie eine spürbare Verkürzung von Fahrstrecke und Fahrzeit zur Uni.

Natürlich bringen große breite Radwege auch nichts, wenn die Menschen sie nicht erreichen. In unserer Karte haben wir noch ausgewählte Zubringerradwege eingezeichnet, welche wichtige Wohngebiete oder Arbeitsstellen erschließen. Teilweise existieren dort schon Radwege, vielfach sind aber noch Anpassungen im Detail, wie bei der Radwegführung oder Kreuzungen, notwendig.

Das beste Radnetz bringt ebenfalls nichts, wenn nicht ersichtlich ist, wo zu fahren ist. Deshalb braucht es ein neues Beschilderungskonzept. Die derzeitigen Schilder sind sehr klein, schwer lesbar, oft weit weg von der Fahrbahn aufgestellt und haben Ziele angeschrieben, die eine genaue Ortskenntnis verlangen. Es bietet sich an, den Radwegen, ähnlich den Autobahnen, Nummern zu geben und diese anzuschreiben.
Radwegbeschilderung in Oulu, FinnlandRadwegbeschilderung in Linz Radwegbeschilderung in Oulu, Finnland (links) und Linz (rechts)

Das Radnetz lässt sich nicht sofort von 0 auf 100 aufbauen. Jedoch würden in Linz schon kleine Veränderungen spürbare Verbesserungen für Radfahrer:innen bringen. Unser Radkonzept zeigt uns, wo diese Änderungen am meisten bewegen. Durch Pop-Up Radwege und schnell aufzubauende Fahrbahntrenner können die Radwege schnell umgesetzt werden und stehen so rasch zur Verfügung. Durch das Gesamtkonzept gibt es ein klares Ziel, auf welches man hinarbeitet. So kommt man Schritt für Schritt dem idealen Radnetz näher.

... wie im Kleinen

Die derzeitige Verkehrsplanung in Linz führt oft zu Konflikten zwischen Radfahrer:innen, Autofahrer:innen und Fußgänger:innen. Durch unklare Verkehrsführung kommt es zu gefährlichen Situationen.

Unser Plan ist, dass wir Radwege und Fußwege so gestalten, dass die Anzahl der Konfliktpunkte mit dem Autoverkehr reduziert wird. Wenn das nicht möglich ist, wollen wir durch Kreisverkehre und sicher gestaltete Kreuzungen dafür sorgen, dass sich Rad, Auto und Fußgänger:innen auf Augenhöhe begegnen und gegenseitig aufeinander Rücksicht nehmen können.

Das führt außerdem dazu, dass sich die Wartezeiten sowohl für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen als auch für den Autoverkehr verkürzen und der Straßenverkehr für alle sicherer wird.

Diese Maßnahmen werden aber nicht überall möglich sein. Derzeit sind viele Ampelschaltungen so programmiert, dass der Autoverkehr Vorrang gegenüber Radfahrer:innen und Fußgänger:innen hat.
Ampeln auf Radwegen sind nicht immer Sinnvoll geschaltet Radfahrer:innen werden an ampelgeregelten Kreuzungen in Linz oft nachrangig behandelt.
Rad- und Fußverkehr ist jedoch wesentlich umweltfreundlicher und daher in unseren Augen dem Autoverkehr gegenüber zu bevorzugen. Das gilt auch für die Ampelschaltungen. Es braucht eine Grüne Welle für Radfahrer:innen.

Vielerorts gibt es in Linz gefährliche Stellen für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen. Leider sind allein im Jahr 2021 schon 3 Personen in Linz tödlich verunglückt. Das ist so nicht hinnehmbar und deshalb wollen wir einen besonderen Fokus auf diese Gefahrenstellen legen.

Wir sind der Ansicht, dass es durch eine übersichtlichere Gestaltung von Kreuzungen und Straßen möglich ist, die Anzahl der Verkehrstoten auf 0 zu reduzieren. Radfahren und zu Fuß gehen darf in Linz nicht lebensgefährlich sein!

Durch den Ausbau der Radwege und die Umgestaltung von Kreuzungen werden auch die Sichtlinien auf den langen geraden Straßen in Linz gebrochen. Dadurch wird die gefühlte Geschwindigkeit höher. Autofahrer:innen werden infolgedessen automatisch langsamer fahren [4]. Durch die Errichtung von Kreisverkehren werden die geraden Strecken ebenfalls unterbrochen, und durch den Wegfall von Ampeln gibt es auch kein ‚Wegstarten‘ von Kreuzungen mehr.

So wollen wir die Sicherheit erhöhen und für bessere Luftqualität und weniger Lärmbelastung für Anwohner:innen sorgen.

Um eine hohe Radnutzung zu erreichen, muss auch dafür gesorgt sein, dass Räder sicher abgestellt werden können. Dazu braucht es einerseits mehr Radständer, aber andererseits auch versperrbare Radboxen. An wichtigen Umsteigeknoten müssen zudem ansprechende Radgaragen errichtet werden.
Radboxen in Salzburg Salzburg Hauptbahnhof
Radabstellanlagen in Salzburg
Weiters wollen wir mit Wohnbauträgern zusammenarbeiten, damit auch Mieter:innen ihr Fahrrad und insbesondere auch Lastenräder sicher und angenehm zuhause abstellen können.

Damit Rad- und Fußwege das ganze Jahr über benutzbar bleiben, muss die Stadt auch bei Grünschnitt und Schneeräumung auf die Bedürfnisse von Rad- und Fußverkehr eingehen.

Vonseiten der Stadt muss darauf geachtet werden, dass Radwege nicht durch Hecken und Sträucher blockiert werden und wichtige Radwege müssen im Winter schnellstmöglich von Schnee befreit werden. Dabei muss darauf geachtet werden, Rollsplitt sehr sparsam einzusetzen, um die Umweltbelastung und Gefahr für Radfahrer:innen gering zu halten.

Zusammenfassung

Durch unser Konzept für ein Radnetz möchten wir zeigen, was in Linz möglich ist. In der Umsetzung ist selbstverständlich Spielraum für die Abänderung von Details; doch gibt das Konzept ein klares Ziel vor, auf das hinzusteuern ist. Wir legen den Fokus dabei auf ein Miteinander aller Verkehrsteilnehmer:innen. So werden wir Linz endlich ins 21. Jahrhundert holen und zur Vorzeigestadt für Radverkehr in Österreich machen.

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